Weiterbildung in Supervision

Schon seit den späten 70er Jahren sind Themen der Supervision Fortbildungsinhalte der Fachtagungen der Mentor_innen, weil sich in der Begleitung der Teilnehmer_innen an der Weiterbildung zur Lebens-, Ehe- und Familienberatung immer mehr der Bedarf zeigt, die zukünftigen Berater_innen auf ihre Rolle, ihr Handeln in Institutionen, ihr professionelles Selbstverständnis, zusätzlich zu der fachlichen Beratungskompetenz, die sie in ihrer Weiterbildung erwerben, vorzubereiten.
Anfang der 90er Jahre wird aus dem Kreis der Hauptstellenleiter_innen die Bitte formuliert, eine Supervisionsweiterbildung am EZI anzubieten, weil sich die Beratungsstellen immer häufiger mit Anfragen zu beruflichen Fragen und Krisen konfrontiert sehen und Supervision in ihr Angebotsspektrum aufnehmen wollen.

Supervision und die Kompetenz von Supervisor_innen ist begründet und angewiesen auf den Perspektivwechsel. Gute Supervisor_innen in kirchlichen Arbeitsfeldern brauchen Weiterbildungen, die ihnen diesen Blick ermöglichen, sie gleichzeitig aber auch nicht allzu weit von ihrer Institution entfremden.

So gibt es die Entscheidung des Instituts, die Anerkennung der DGSv zu erwerben. EZI-Absolvent_innen sollen nicht nur Supervisor_innen EKFul, sondern auch Supervisor_innen DGSv werden können.
Die Weiterbildung hat sich seit 1995 in mancherlei Hinsicht verändert und weiter entwickelt. Das Konzept der Weiterbildung für die Ehe- und Lebensberatung wird in weiten Teilen auf die Weiterbildung in Supervision übertragen: der 90-min-Takt der Lerneinheiten, theoretische Vorträge, Selbsterfahrungsgruppen am Ende jedes Arbeitstages...

Die ganz eindeutige theoretische Orientierung ist ein psychoanalytischer Ansatz zum Erwerb supervisorischer Haltung und eines dementsprechenden Interventionsinstrumentariums. Daneben werden immer schon organisationstheoretische und gruppendynamische Erkenntnisse und Methoden vermittelt.

Durch die neue Struktur der Weiterbildung: sechs 5- bzw. 6-tägige Seminare im Abstand von einem ½ Jahr und dazwischen zwei 3-tägige Workshops intensivieren sich Übungs- und Trainingsanteile und die methodischen Vermittlungsformen bekommen eine größere Variationsbreite.

Der Blick auf Organisationen, die Zusammenhänge von Biografie und organisationalen Rollen sowie auf gruppendynamische Prozesse wird intensiviert. [Zudem erfolgt eine] Verstärkung und theoretische Begründung systemischer Verfahren für die Supervision und das Coaching im Curriculum des EZI.

Der Ansatz, psychoanalytische und systemische Erkenntnisse, Haltungen und methodische Herangehensweisen für Supervision und Coaching zu vermitteln und einzuüben, erweist sich als gelungene Verschränkung, sowohl im Hinblick auf die Tradition des EZI, als auch im Kontext der Geschichte und Bedeutung berufsbezogener Beratung.

Supervision steht dabei im gesellschaftlichen Kontext eines Emanzipations- und Aufklärungsgedankens. Das Format Supervision und Coaching musste und muss sich aber zunehmend der Wirklichkeit des Handelns in Organisationen in einer globalisierten Arbeitswelt und unter erhöhtem ökonomischem Druck stellen.

Für Supervision und Coaching spielt die seit den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts beginnende Professionalisierung sozialer Arbeit und die Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit im Laufe des 20. Jahrhunderts eine besondere Rolle. Ohne diesem interessanten historischen Prozess an dieser Stelle vertieft nachgehen zu können, sei die These aufgestellt: es gibt die Erotisierung von Arbeitsverhältnissen durch die Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit und die zunehmende Durchdringung von Privat- und Berufsleben. Für Männer und Frauen spielt sich heute oft der größte Teil ihres erwachsenen Lebens in beruflichen Kontexten ab.

In psychosozialen Arbeitsfeldern, mit denen Supervision überwiegend befasst ist, spielen darüber hinaus Dynamiken, die aus der Arbeit mit den Klient_innen erwachsen, eine besondere Rolle. Die Spiegelungsprozesse aus der Besonderheit der Arbeit, die Nähe zu Körper, Beziehungsthemen und Identitätsfragen implizieren, “schlagen durch”. Der Arbeitsplatz ist somit mehr denn je erotischer Raum und ein großer Teil der Themen in Supervision und Coaching ergeben sich aus diesem Bezugsfeld.
Beziehungen am Arbeitsplatz (ein hoher Prozentsatz von Ehen und Beziehungen resultiert aus einem Kennenlernen in der Arbeit), sind ein meist tabuisierter Hintergrund für viele in Supervision und Coaching zu bearbeitende Konfliktsituationen und Klärungsprozesse für Kommunikation, Machtverteilung und Arbeitszuständigkeiten. Es “menschelt“ (glücklicherweise) in der Arbeitswelt und durch die zunehmende Durchdringung von allen Lebensbereichen “menschelt” es dort immer mehr.
Eine Weiterbildung in Supervision und Coaching muss sich immer mehr Fragen der Balance aller Lebensbereiche in einer grenzüberschreitenden (Arbeits-)Welt stellen.

(Aus: Fernkorn, E., Haid-Loh, A., Hufendiek, S., Meyer, A., Merbach, M und Volger, I. (EZI Berlin), Bewahren und Verändern – 1964 bis 2025.Die Entwicklung der Fort- und Weiterbildung des Evangelischen Zentralinstitutes als Antwort auf gesellschaftliche Herausforderungen.)