Das 21. Jahrhundert

Die Grundlagen zur Pränataldiagnostik (PND) wurden bereits Ende der 50er Jahre mit der ersten sonografischen Darstellung eines ungeborenen Kindes durch einen britischen Geburtshelfer gelegt. Mit der technischen Weiterentwicklung der Ultraschallgeräte verfeinerten sich zunehmend die Möglichkeiten zur Darstellung von Fehlbildungen fetaler Organe. Die Entwicklung auch nicht-invasiver Methoden und zuletzt von Bluttests (PraenaTest 2012) ermöglichten sehr viel feinere und frühere pränatale Diagnostik.

Dies führt bis heute vor dem Hintergrund von Euthanasie im Nationalsozialismus in Deutschland immer wieder zu schwierigen, oftmals hoch emotional geführten, ethischen Debatten quer über alle Parteien, Religionen und Kirchen hinweg um Wert bzw. Unwert bzw. Selektion menschlichen Lebens.

Mit der Gesetzesnovellierung des § 218 und nach dem Wegfall der embryopathischen Indikation in 1995 haben sich Beratungen im Zusammenhang mit vorgeburtlicher Diagnostik in Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen rapide verringert (EKFuL 2001, S. 40).

Andererseits haben Frauen und Paare bzw. (werdende) Eltern nach § 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz einen Rechtsanspruch auf freiwillige Information und Beratung „... in allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen“. Dies ist jedoch vielen der Betroffenen wie auch der Ärzteschaft nicht bewusst.

Um die Jahrtausendwende wird das EZI vom Bundesfamilienministerium gebeten ein Weiterbildungscurriculum als Modell für psychosoziale „Beratung im Zusammenhang mit vorgeburtlichen Untersuchungen (Pränataldiagnostik) und bei zu erwartender Behinderung des Kindes“ zu entwickeln, durchzuführen und zu evaluieren. In dieser Weiterbildung sollen die verschiedenen mit Pränataldiagnostik befassten Professionen kooperieren und sich vernetzen, um Frauen und Paare, die pränatale Diagnostik in Anspruch nehmen (wollen), optimal in den verschiedenen Phasen vor, während und nach Inanspruchnahme beraten zu können und sie ggf. beim Austragen eines fehlgebildeten Kindes oder auch bei einem sog. Spätabbruch in hohen Schwangerschaftswochen gut begleiten zu können.

Das Curriculum weist darum die Besonderheit auf, dass alle mit PND befassten Berufsgruppen angesprochen werden sollen. So arbeiten beispielsweise psychosoziale Beraterinnen zusammen mit Hebammen, Ärzt_innen und Klinikseelsorger_innen und auch das Dozent_innenteam ist multiprofessionell zusammengesetzt.

(Aus: Fernkorn, E., Haid-Loh, A., Hufendiek, S., Meyer, A., Merbach, M und Volger, I. (EZI Berlin), Bewahren und Verändern – 1964 bis 2025.Die Entwicklung der Fort- und Weiterbildung des Evangelischen Zentralinstitutes als Antwort auf gesellschaftliche Herausforderungen.)